Unsere Reise nach Süd-Ost-Asien
Unsere Erlebnisse, Eindrücke und Empfindungen auf einem für uns noch geheimnisvollen Kontinent

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Dienstag, 7. Dezember 2010

Schule in Nepal

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Katharina:
Manche Ereignisse lassen sich besser aus einer zeitlichen Entfernung betrachten, unsere Zeit in der Schule in Kathmandu ist ein solches Ereignis. Bis heute gelingt es mir nicht, dass Erlebte einzuordnen und zu fassen, zu vieles ist mir fremd, kann ich nicht deuten.
Nun beginnen wir einfach am Anfang.
Von Deutschland aus haben wir uns Gedanken gemacht, auf welche Weise wir mit den Menschen der jeweiligen Länder wohl in Kontakt kommen könnten. Da unsere Reiseveranstalter Dendi und Susanne Sherpa von „Nepal plus“ in Kathmandu ein Schulprojekt unterstützen, erschien uns die Mithilfe in einem Schulprojekt als gute Möglichkeit der Kontaktaufnahme. Wir hatten die Idee Unterrichts- und Baubegleitend tätig zu sein. Dies wurde uns von unseren Reiseveranstaltern auch zugesagt.
In Nepal haben wir dann durch Gespräche mit Nepali erfahren, dass viele Kinder zuhause in ihrem jeweiligen Dialekt sprechen. Erst in der Schule lernen sie Nepali, die Amtssprache und die Sprache, mit der sie sich in allen Landesteilen Nepals verständigen können. Erst in der fünften Klasse lernen sie Englisch. Dies gilt für die staatlichen Schulen. Da viele Menschen dieses staatliche System nicht für gut halten, gibt es sehr viele Privatschulen. Diese werden häufig vom Ausland unterstützt. Da die meisten Menschen hier sehr arm sind, sich aber der Wichtigkeit der Schulbildung für ihre Kinder bewusst sind, versuchen sie ihre Kinder auf eine solche Privatschule zu geben, haben aber zeitweise das Geld nicht, um diese Schule zu zahlen. So sind Privatschulen immer auf der Suche nach Geld von außen. Ein großer Unterschied der Privatschulen zu den Staatsschulen ist, dass diese von Beginn an Englisch unterrichten.
Dies stellte ich mir besonders interessant vor, da unsere „Förderschule Lernen“ in Rheinland Pfalz Englisch als Pflichtfach einführen will, wobei hier das Deutsche meiner Meinung nach oft schon als erste Fremdsprache angesehen werden kann.
Soweit zur Ausgangssituation.
Es gab mehrere Kontaktaufnahmen, schon in den Schulferien hatten wir uns das Gebäude mit Dendi, Susanne, Sonam und Karma angeschaut und mögliche Baumaßnahmen besprochen. Nach Schulbeginn dauerte es dann eine Woche bis geregelter Unterricht lief. Viele Schüler waren noch nicht aus dem Umland um Kathmandu zurück. Es gab noch ein Festival in der Mitte der ersten Woche und so sparte man sich die Fahrkarte zur Schule für diese Zeit.
Unser erster Tag in der Schule:
9:30 (ist das nicht ein Traum liebe Kollegen?) Aufstellung auf dem Schulhof vor den Flaggen. Der Lehrkörper steht vorne, die Studenten stehen nach Klassen geordnet ihm gegenüber. Die jüngste Klasse besteht aus Studenten von etwa drei Jahren. Die Ältesten sind in der achten Klasse und ca. 14 Jahre alt. Die Arme werden ausgestreckt nach vorne um den korrekten Abstand zum Vordermann zu haben. Vom Lehrkörper wird ein Kommando gegeben, es folgt ein Gebet/ Gedicht von allen gemeinsam gesprochen. Dann tritt ein älterer Schüler nach vorne und gibt mit einer Trommel einen Rhythmus vor, nach dem die Studenten gymnastische Bewegungen machen. Anschließend ruft die Konrektorin einzelne Schüler (das Wort für Schüler habe ich nie gehört, es waren immer „students“) nach vorne. Diese stellen der Studentengemeinschaft eine Aufgabe. Wenn sie von einem Student gelöst wird, klatschen alle. Dann wird ein Marschrhythmus vorgegeben und die Klassen marschieren alle in Reih und Glied in ihre Klassenräume.
9:45 Unterrichtsbeginn. (Unterrichtsende 16:00) Es stellt sich heraus, dass es für uns zunächst keine Möglichkeit gibt etwas zu bauen, da keine Materialien vorhanden sind. Man bietet uns an, einen Tag beim Unterricht zuzuschauen und danach dann selber zu unterrichten. Da wir beide sehr neugierig auf die Schule sind, wollen wir uns zunächst einmal den Unterricht anschauen.
Günter und ich teilen uns auf und schauen in verschiedene Klassen / Unterricht hinein. Ich beginne in der Mittelstufe. Außer einer Grammatikstunde Englisch in der besprochen wird, was in die Klammern einzusetzen ist, gelingt es mir nicht an einem Unterricht teilzunehmen. Die Lehrer scheinen mit dem Vorschlag ihres Prinzipals nicht einverstanden zu sein. Wenn ich in einer Klasse bin, taucht einfach kein Lehrer auf. Die Schüler sind sehr angenehm, äußerst interessiert und ab Klasse fünf auch gut in der Lage mit uns auf Englisch zu kommunizieren.
Da die Klassenräume sehr offen sind, kann man hören, was in Nachbarklassen passiert. Der Umgang der Lehrer mit den Schülern erscheint mir im Vergleich mit meinen Erfahrungen als Lehrerin als sehr distanziert, in Richtung militärisch. Die Schüler springen auf, wenn ein Lehrer den Raum betritt, es gibt ein gemeinsames „good morning Sir.“ Wenn ihnen gesagt wird setzen, heißt es „thank you Sir“. Die Schuluniformen unterstreichen diesen Eindruck.
Die Studenten der älteren Klassen sind zumeist in der Lage offen, freundlich und interessiert auf uns zuzugehen. Ich habe nicht den Eindruck, dass die distanzierte Umgangsform für die jungen Menschen ein Problem darstellt. Für uns ist es sehr ungewöhnlich, vor allem da auch Knüffe, Schläge und Anschreien hier noch probate Erziehungsmittel sind. Dass dies auch für den privaten Bereich in Nepal der Fall ist, wurde uns schon vorher von Susanne erzählt.
Meine Schwierigkeiten fangen da an, wo ich dreijährige auf Stühlen sitzen sehe. Höre, wie sie den gesamten Vormittag standardisierte Sprüche aufsagen und ansonsten ruhig auf den Stühlen sitzen müssen. Mit drei Jahren beginnt hier der Schulbetrieb. Eine volle Hose ist eine Katastrophe und führt zu schlimmen Szenen. Die ersten drei Jahre sind die Kinder in der nursery-school. Der Unterricht ist in diesen ritualisierten Phasen immer auf Englisch. Da die Studenten von Anfang an sowohl Nepali, als auch Englisch lernen, lernen sie auch zwei völlig verschiedene Schriftarten. Diese kleinen Kinder schreiben in Druckschrift ganze Sätze auf Englisch ab, immer wieder, stundenlang. Ungewöhnlich finden wir auch, dass sie beim erlesen zunächst laut buchstabieren, bevor sie die Buchstaben zusammenziehen. Nachdem wir das bei den Kleinen erlebt haben, ist uns bei einigen erwachsenen Nepali aufgefallen, dass sie beim Schreiben englischer Wörter diese vorher buchstabieren.
Diese sehr verschulte Art des Kindergartens hatten wir in etwas abgeschwächter Form schon in Indonesien/Flores kennen gelernt. Auch hier tauchten in unseren Köpfen große Fragezeichen auf. Vor allem weil die engagierte Erzieherin Elke aus Hamburg hier Fortbildungen im Umgang mit kleinen Kindern gab.
Die Länder die wir bis jetzt kennen gelernt haben, beginnen sehr früh (ab drei Jahre) mit dem Unterricht. Lesen, Schreiben, Rechnen und Englisch. Die jungen Menschen mit denen wir gesprochen haben sind mit ihren Ausbildungen jedoch nicht früher fertig als unsere Schüler in Deutschland.
Bilder: Abmessung der Entfernung zum Vordermann; Gebet / Gedicht; Studenten vor den Flaggen; Vierjährige beim Unterricht; Vierjährige beim Schreiben; Klasse 7 / 8 bei der Arbeit; Fröhliche Schulkinder in Nepal; Klasse 3; „Fotos, please!“;












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